Aufruf zur Reaktivierung des Vereinssports in Niedersachsen
An den Präsidenten des Deutschen Aero Club e.V. An die Präsidentin des Luftsport-Verbandes Niedersachsen e.V. An den Vorstandsvorsitzenden des LandesSportBund Niedersachsen e.V.
Lieber Stefan, liebe Meike, lieber Reinhard,
mittlerweile dürfte jedem klar geworden sein, dass das Coronavirus noch über viele Monate hinweg unser gesellschaftliches Leben massiv beeinflussen wird. Eine Rückkehr zur Normalität ist ausgeschlossen, so lange es keinen geeigneten Impfstoff gibt. Und auch in mehreren Monaten werden sich mehr als 7,5 Millionen Menschen in Niedersachsen noch nicht infiziert haben, sodass weiterhin ein konkretes Ansteckungsrisiko für die Bevölkerung besteht.
Einen Vereinssport, wie wir ihn bisher kannten, darf es auf absehbare Zeit nicht geben, wenn wir die Ansteckungszahlen klein halten wollen. Wir brauchen sportart-spezifische Regeln, die einen Vereinssport bei minimalstem Ansteckungsrisiko ermöglichen. Jedes Bundesland hat zur Zeit eigene Vorgaben zur Begrenzung der Pandemie. Das heißt aber auch, dass wir in Niedersachsen nicht warten müssen, bis es zum Vereinssport eine bundesweite Regelung gibt. Lasst uns konstruktiv über eine schrittweise Lockerung des derzeitigen Totalverbotes nachdenken und dieses als positives Beispiel für eine konstruktive Herangehensweise mit den politisch verantwortlichen Ministerien in Niedersachsen diskutieren! Stößt dieses Vorgehen auf Zustimmung, kann es gut als „Blaupause“ für andere Landessportbünde dienen.
Dass die Landesregierungen kurzfristig umfangreiche Schutzmaßnahmen und ein allgemeines Verbot des Vereinssports erlassen mussten, war gut und richtig. Wir meinen jedoch, dass es nun an der Zeit ist, Bedingungen festzulegen, unter denen Vereinssport trotz der noch nicht überwundenen Corona-Krise möglich wird. Denn es steht außer Frage, dass Sport für die Gesundheit, die körperliche und geistige Entwicklung und den psychologischen Ausgleich besonders wertvoll ist. So schreibt der LSB in seinem Leitbild, „Als LandesSportBund Niedersachsen sehen wir unsere wichtigste Aufgabe darin, durch Sport einen wesentlichen Beitrag zum Wohlergehen der Menschen in unserem Lande zu leisten. […] Es ist unser vorrangiges Ziel, jedem Einzelnen die Chance zu eröffnen, sich nach seinen Interessen, Möglichkeiten und Bedürfnissen körperlich zu betätigen.“
Leider bleibt der Vereinssport auch nach der Abstimmung der Bundes- und Landesregierungen am vergangenen Mittwoch auf unbestimmte Zeit verboten. Wir bedauern dieses sehr. Vielleicht kennt die Politik keine Lösungsansätze. Allein in Niedersachsen haben mehr als 2,6 Millionen Sportlerinnen und Sportler keine Möglichkeit, im Vereinssport ihre Gesundheit zu stärken und ihr Wohlergehen zu fördern.
Eine Abkehr von pauschalen Beschränkungen hin zu zielgerichteten Maßnahmen empfiehlt auch die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in ihrer vielbeachteten Stellungnahme „Coronavirus-Pandemie – Die Krise nachhaltig überwinden“ vom 13. April 2020: „Derzeit gibt es in der Bevölkerung nach allen Beobachtungen immer noch eine hohe Akzeptanz der von der Politik beschlossenen Maßnahmen in Bezug auf die Coronavirus-Pandemie. […] Es ist allerdings zu erwarten, dass dieser hohe Grad an Akzeptanz der beschlossenen Maßnahmen umso fragiler wird, je länger diese andauern, je weniger ihre positiven Auswirkungen sichtbar sind und je weniger deren Begründungen überzeugen.“ Und an anderer Stelle heißt es: „Die Aktivitäten der Vereine – von den Sport- und Kulturvereinen über Freundes- und Fördervereine bis zu den Basisorganisationen des politischen und kirchlichen Lebens – sind größtenteils eingestellt. Große Bereiche der organisierten Zivilgesellschaft existieren aktuell lediglich in digital geknüpften Netzwerken in geschrumpfter Form. Auch im Hinblick auf die Zukunft der Zivilgesellschaft spricht daher alles für die schrittweise Lockerung der aktuellen Maßnahmen – sobald irgend möglich.“ Die Leopoldina fordert daher: „Die aktuellen politischen Maßnahmen erfolgten aus nachvollziehbaren Gründen angesichts des großen Zeitdrucks recht pauschal. Wegen der Schwere und Dauer der Grundrechtsbeschränkungen ist es nun geboten, über Alternativen und mögliche Lockerungen nachzudenken, ohne das Schutzziel aus den Augen zu verlieren.“
Wir fordern den DAeC, den LVN und den LSB auf, Lösungen zu erarbeiten, wie trotz der Corona-Krise Vereinssport möglich ist!
Unser Vorschlag hierzu:
1. Jede Sportart analysiert die potenziellen Corona-Ansteckungsrisiken in ihrem Umfeld.
2. Auf Basis dieser Analyse werden konkrete sportart-spezifische Maßnahmen definiert
– zur Verringerung des Ansteckungsrisikos (Schutz anderer Sportler),
– für erhöhte Hygienevorkehrungen (Eigenschutz),
– für die Erfassung von Trainingsteilnehmern (Nachverfolgung von Infektionsketten).
3. Die Erarbeitung der Maßnahmen koordinieren die Landesverbände der jeweiligen Sportart.
4. Anschließend werden die Maßnahmen über den LSB zusammengetragen und mit den politischen Gremien besprochen.
Der LSV Gifhorn, sowie die mitunterzeichnenden Vereine sind selbstverständlich bereit, diesen Prozess zu unterstützen. Für Gespräche und Abstimmungen stehen wir gerne zur Verfügung. Luftsport ist nichts Elitäres. Mit unserer Jugendförderung, dem Leistungssport und einer offenen Vereinskultur stehen wir gleichberechtigt neben allen anderen Vereinssportarten. Deshalb fordern wir für uns auch keine Sonderlösung. Bitte nehmt diesen Brief als das, was er ist: Ein Plädoyer dafür, in der Krise den Kopf nicht in den Sand zu stecken, sondern selbstbewusst und lösungsorientiert das Machbare zu erreichen. Wir möchten den Sportbetrieb spätestens am 01. Mai 2020 wieder aufnehmen. Und mit diesem Wunsch stehen wir in der Sportwelt sicherlich nicht allein.
Oliver Predelli im Namen des Vorstandes des LSV Gifhorn